Lisa Drath: Zuhören das A und O
Am Rande der Prüfungen in Berlin traf WM Daily eine der national und international erfolgreichsten Islandpferde-Reiterinnen der vergangenen Jahre, Lisa Drath. Die 29-Jährige aus Bayern, die auf der Weltmeisterschaft 2019 mit Kjalar frá Strandarhjáleigu in Tölt- und Viergangpreis zur deutschen Equipe gehört, erklärte uns neben der allgemeinen Faszination der Kombination-Wertungen in Viergang und Fünfgang auch ganz konkret das, was für sie im Zusammenspiel mit ihren Pferden die oberste Priorität hat.

WM Daily: Was bedeutet Ihnen die Vier - und Fünfgangkombination als Wettkampf?
Lisa: Man selber zeigt ja zunächst einmal immer nur Einzelritte und auch wenn diese in den meisten Fällen die größte Aufmerksamkeit bekommen, ist die Kombination aus den Teilstücken in jedem Falle sehr spannend. Ich finde, eine gute Platzierung in der Kombinationswertung ist eine wirklich schöne Belohnung, wenn man gemeinsam mit seinem Pferd ein hohes Maß an Vielseitigkeit zeigen kann. Das gelingt nicht immer optimal, weil sowohl wir als Reiter wie auch unsere Pferde keine Maschinen sind, aber in jedem Falle geben wir uns ja große Mühe, in Tölt und Vier- oder Fünfgang und dazu ggf. noch in einer Passdisziplin gute Leistungen zu bringen. Dass ich auf der letzten WM in Holland mit Bassi sowohl im Einzel-Fünfgang wie auch in der Kombination am Ende mit Medaillen nach Hause fahren durfte, war daher ein richtig schönes Erlebnis!
WM Daily: Wie bereiten Sie sich mental sowie physisch auf einen Wettkampf vor?
Lisa: Auch wenn’s manchmal neben der Arbeit und besonders natürlich während der Turniertage schwerfällt: sowohl wir als Reiter wie auch unsere Pferde sollten gut ausgeruht in die Wettkämpfe gehen. Das gilt sowohl mental wie körperlich. Neben den Zeiten für konzentriertes Training und sorgfältige Analyse brauchen wir einfach die ruhigen Momente und ausreichend viel Schlaf, um dann am Tag der Prüfung bestmöglich bei Kräften zu sein. Immerhin stellen die Prüfungen - gerade auf einer Weltmeisterschaft wie hier in Berlin vor so großer Kulisse und bei enorm starker Konkurrenz aus den anderen Ländern - eine ziemlich große Herausforderung dar. Der stellen wir uns aber natürlich gern, denn ein so toll besuchtes Ereignis - dazu noch im eigenen Land - und die Begegnung mit den vielen Kollegen und ihren Pferden machen ja wirklich ganz viel Freude.
WM Daily: Wie berechnet man die Vier - und Fünfgangkombination und was ist die größte Herausforderung für einen Reiter, der an dieser Wertung teilnimmt?
Lisa: Die Berechnung ist recht einfach: in der Viergang-Kombination addiert man die Vorentscheidungs-Noten der eigenen Töltprüfung - T1 oder T2 - mit der Wertung aus dem Viergangpreis. Die Fünfgang-Kombination ist ein kleines bisschen schwieriger auszurechnen, denn dafür addiert man zunächst T1 oder T2 mit der Note aus dem Fünfgangpreis, und dazu kommt dann noch die Punktzahl aus Passprüfung, Speedpass oder Passrennen. Bei den beiden letztgenannten Prüfungen wird die Zeit in IceTest, der Rechenstellen-Software, automatisch in Punkte umgewandelt. Das beste Pass-Ergebnis fließt dann also in die Wertung mit ein. Und wer am Ende die höchste Gesamtnote aus Tölt und Viergang bzw. Tölt, Fünfgang und Pass hat, ist der Gewinner.
Natürlich wünscht man sich als Reiter von Kombi-Prüfungen immer, dass am Ende möglichst gute Gesamtpunkte herauskommen. Ich selber mache solche Rechenspiele aber vor dem Turnier tatsächlich nicht. Höchstens schaut man bei jüngeren Pferden gerade am Anfang ihrer Laufbahn, ob sie sich neben der Gangprüfung perspektivisch besser für T1 oder T2 eignen und wo man dann mit dem Blick auf die späteren Prüfungen und Kombinationen möglicherweise höhere Punkte wird ernten können.
Wir konzentrieren uns einfach darauf, am Tag der jeweiligen Einzel-Prüfung hoffentlich eine gute Leistung zu zeigen, und wenn am Ende die Mathematik auch noch mitspielt, ist das ein zusätzlicher Bonus. Die Herausforderung einer Kombinations-Wertung ist also, glaube ich, dass man sich eben nicht allzu sehr auf Noten festlegt, die man „bekommen muss“. Bevor ich auf ein solches Ranking schaue, bin ich zuallererst meinem Pferd dafür dankbar, wenn wir ein gutes Team sein und alles das möglichst gut zeigen dürfen, was wir vorher geübt haben.

WM Daily: Sie sind ja sehr erfolgreich dabei, die möglichen Prüfungen zu kombinieren und haben in den letzten Jahren bereits zahlreiche Einzel- und Kombinations-Titel gewonnen. Haben Sie ein Erfolgsgeheimnis?
Lisa: Für die Kombination gibt es kein wirkliches Geheimnis, sie ist einfach das Ergebnis aus möglichst guten Einzelteilen. Wir sollten unseren Pferden stets aufmerksam zuhören und sie bei allem sportlichen Ehrgeiz nicht überfordern. Egal ob als Freizeit- oder Berufsreiter - unsere Pferde geben uns soviel, und das empfinde ich auch im Alltag als etwas ganz Besonderes. Gutes Reiten darf also nie eine Einbahnstraße sein, finde ich, sondern wenn wir den Respekt vor unserem vierbeinigen Partner sowohl beim Üben wie auch in den Prüfungen bewahren, dann können wir auch gemeinsam erfolgreich sein.